Botschaft zum 1. Mai

Die Situation, die sich anlässlich des diesjährigen 1. Mai – dem Tag der Arbeit – präsentiert, scheint absurd: Die Arbeitslosen- und Erwerbslosenquote war seit der Finanzkrise 2008 noch nie so tief wie heute. Firmen und Unternehmen stöhnen über fehlendes Personal, immer mehr Stellen können nicht mehr besetzt werden. Gleichzeitig droht immer mehr Menschen der Fall in die Armut. Einmal mehr profitieren nur wenige von dem wirtschaftlichen Aufschwung.

So veröffentlichte das Bundesamt für Statistik letzte Woche die Zahlen zu den Lohnentwicklungen im vergangenen Jahr. Trotz der Rekordbeschäftigung stiegen die Nominallöhne bloss um kümmerliche 0.9 Prozent. Rechnet man die Teuerung mit ein, bleibt den Beschäftigten ein Reallohnverlust von 1.9 Prozent. Besonders stark betroffen sind die Frauen, denn ihre Löhne sind gemäss Bundesamt für Statistik (BfS) weniger stark gestiegen als die der Männer. Für Personen, die zuunterst auf der Lohntabelle stehen, wird es immer schwieriger, für den Lebensunterhalt aufzukommen. Vielen droht der Weg zum Sozialamt oder sie sind bereits heute trotz Erwerbsarbeit armutsbetroffen.

Denn die Lage wird sich vermutlich in nächster Zeit noch verschlechtern. Die Mietpreise drohen weiter zu steigen, Heiz- und Stromkosten verbleiben auf einem hohen Niveau und in diesem Herbst droht eine rekordhohe Erhöhung der Krankenkassenprämien. Das Mindeste, was dieser Situation angemessen ist, wäre ein echter Teuerungsausgleich.

Auch im Bereich der NGO sind die Löhne vergleichsweise tief. Ob ein Teuerungsausgleich bezahlt werden kann, hängt meist von den Auftraggebenden der öffentlichen Hand ab. Seit 2015 beträgt der Reallohnverlust von NGO-Angestellten 3.4 Prozent. Zusammen mit weiteren Organisationen hat das Schweizerische Arbeiterhilfswerk deshalb bereits im November 2022 in einem offenen Brief einen echten Teuerungsausgleich verlangt. Zum diesjährigen Tag der Arbeit wiederholen wir diese Forderung. Die Arbeitsbedingungen dürfen sich nicht noch weiter verschlechtern! Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass alle Kantone im vergangenen Jahr deutlich höhere Gewinne als budgetiert verbucht haben.