«So etwas wie normale Tage gibt es nicht»

Das VIP-Programm von OSEO Fribourg bereitet Jugendliche zwischen 18 und 25 Jahren auf ihren Berufseinstieg vor. Und das mit grossem Erfolg: Die vierzehn Plätze sind so gefragt, dass es aktuell Wartelisten gibt.

Selbst hergestellte Möbel, praktische Alltagsgegenstände oder kleine Kunstwerke – nur einige Dinge von vielen, die Besucher*innen in der Boutique von VIP erwartet. VIP, das steht für «Vers une Insertion Professionnelle» (Deutsch: «Auf dem Weg zur beruflichen Eingliederung») und ist ein seit Januar 2020 bestehendes Programm von OSEO Fribourg.

In den Hinterräumen der Boutique befindet sich das Atelier von VIP. Hier arbeitet Malik* gerade an einem Vogelhäuschen. Unzählige kleine Holzstücke hat er ausgesägt und anschliessend zusammengesetzt, bald ist das Vogelhäuschen bereit für den Verkauf im VIP-Laden. Malik ist ursprünglich als unbegleiteter minderjähriger Asylbewerber (UMA) in die Schweiz gekommen, bei VIP bereitet er sich nun auf seine Berufsausbildung vor.

Die Profile der Teilnehmer*innen des VIP-Programms sind vielfältig. Den oder die typische Teilnehmer*in gibt es nicht. «Wir haben Jugendliche, welche ihre erste Ausbildung abgebrochen haben, junge Menschen aus dem Asylbereich und wir erhalten auch Zuweisungen von den Sozialdiensten oder der IV», erklärt Tatjana Wasloff, die seit März dieses Jahres verantwortlich für das Angebot ist.

Kein Tag wie der andere

Die Bedürfnisse und Herausforderungen, welche die Jugendlichen mitbringen, sind sehr unterschiedlich. «Wir schauen jeweils, wo die Jugendlichen aktuell stehen, wo sie beruflich hinwollen und welche Interessen und spezifische Bedürfnisse sie haben. Entsprechend passen wir unser Programm an», erklärt Tatiana Wasloff. Bei einigen Jugendlichen ist es bereits ein Erfolg, wenn sie am Morgen pünktlich bei VIP sind. Zunächst einmal wieder eine Struktur im Alltag zu erhalten, sei für viele der Jugendlichen wertvoll.

Entsprechend anspruchsvoll ist auch die Arbeit in der Werkstatt. «So etwas wie normale Tage gibt es bei uns nicht», sagt Ilan Dalmaï, einer der Mitarbeiter, der die Jugendlichen täglich begleitet. «Jeder Tag, ja sogar jede Situation hat ihre besonderen Herausforderungen.» Sein Hauptziel sei es, den Jugendlichen wieder Selbstvertrauen zu geben, auf sie und ihre Bedürfnisse einzugehen und ihnen Perspektiven aufzuzeigen.

Gefragtes Angebot

Für Alexej* ist das Hauptziel bei VIP das Vertiefen seiner Französischkenntnisse. Er musste aus der Ukraine flüchten und ist erst seit August 2022 in der Schweiz. Das VIP-Programm gebe ihm die Möglichkeit, sein gelerntes Französisch direkt im Alltag anzuwenden, sei es mit den anderen Teilnehmer*innen von VIP oder mit den Angestellten von OSEO. Das Resultat ist beachtlich. Sein Französisch ist so gut, dass man kaum auf die Idee käme, dass er die Sprache vor weniger als einem Jahr zum ersten Mal gesprochen hat.

Auch andere Erfolgsgeschichten lassen aufhorchen. So gestaltet man bei VIP aktuell alte Bilderrahmen um. Organisiert hat sie ein ehemaliger Teilnehmer des VIP-Programms, der heute auf einem Recyclinghof arbeitet. «Er hat ein Auge dafür entwickelt, welche Gegenstände für uns spannend sein könnten und stellt uns diese zur Verfügung», erzählt Tatjana Wasloff. So erhalten viele Gegenstände bei VIP ein zweites Leben.

Es sind diese schönen Geschichten, welche Tatjana Wasloff, die schon ihr ganzes Berufsleben mit Jugendlichen arbeitet, Freude bereiten. Es gehe darum, Perspektiven zu schaffen. «Manchmal sieht man vielleicht das Licht am Ende des Tunnels nicht. Aber dann gilt es Möglichkeiten zu kreieren», führt sie aus. Denn in jedem Jugendlichen stecke Potenzial, auch wenn man es gelegentlich vielleicht herauskitzeln müsse. Denn dass viel möglich sei, das zeige sich rückwirkend immer. «Wenn ich auf ehemalige Jugendliche schaue, die ich begleitet habe, sehe ich viele schöne Geschichten und Erfolgserlebnisse.»

*Namen geändert

Ein Bild der Produkte, die bei VIP Fribourg hergestellt werden, kann man sich auf der Instagram-Seite des Programms machen.