Rosanna Fornaciari ist die Co-Teamleiterin des Personalverleihs ETCETERA SAH Bern.
Was ist ETCETERA und wer profitiert davon?
ETCETERA ist ein Integrationsprogramm des SAH Bern für Sozialhilfeempfänger*innen. Es handelt sich um eine soziale Arbeitsvermittlung, bei der wir stundenweise bezahlte Umzugs-, Haushalts-, Reinigungs- und Gartenarbeiten anbieten. Wir vermitteln Arbeitnehmer*innen aus der Sozialhilfe an Privathaushalte oder Unternehmen. Wir bieten auch eine Ausbildung zur Förderung der persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Autonomie des*der Arbeitnehmer*in. Wir bestehen dank einer Leistungsvereinbarung mit dem Kanton Bern und sind in Bern, Biel, Langnau, Langenthal, Thun, Spiez und Interlaken tätig.
Was gefällt dir an deiner Arbeit?
ETCETERA gibt es seit 34 Jahren im Kanton Bern und ich arbeite seit über 20 Jahren dort. Auch nach so vielen Jahren gefällt mir meine Arbeit mir immer noch sehr gut, weil ich mit vielen verschiedenen Menschen zusammenarbeiten kann. Es ist sehr interessant, mit den unterschiedlichen Kund*innen zu sprechen, aber ich arbeite auch gerne mit unserer Zielgruppe. Ich kann ihnen sowohl bei der sozialen als auch bei der beruflichen Integration helfen. Wir haben auch Kontakt zum Sozialamt, das gefällt mir, weil es lebendig und jeden Tag anders ist.
Wie wählt ihr die Begünstigten aus, die dem Programm beitreten, und was sind die wichtigsten Schritte bis zur Arbeit mit den Kunden*innen?
Für Sozialhilfeempfänger*innen ist die Anmeldung bei ETCETERA freiwillig. Um sich zu bewerben, muss die Person beim Sozialamt der Gemeinde gemeldet sein. Wir treffen uns dann mit diesen Personen, um herauszufinden, ob sie die folgenden Eigenschaften mitbringen: Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit. Auch die Kinderbetreuung muss gewährleistet sein, denn wir haben viele Frauen mit kleinen Kindern. Überhaupt arbeiten wir überwiegend mit Frauen. Wir setzen gute Deutschkenntnisse voraus, denn sie müssen in der Lage sein, ein Alltagsgespräch zu führen. Wenn das Gespräch gut läuft, nehmen wir alle Daten auf und versuchen, sie zu vermitteln. Wir entscheiden sehr sorgfältig, weil die Leute dann in Privathaushalte oder Büros gehen. Dann gibt es einen Rahmenvertrag für die Zeitarbeit, zwischen uns und den Teilnehmer*innen, und wir erstellen einen Arbeitsplan. Und natürlich müssen wir immer darauf achten, dass wir die Bedürfnisse der Kund*innen abdecken, egal ob es sich um wöchentliche oder aussergewöhnliche Einsätze handelt.
Was passiert, wenn es zwischen Kunde*in und Mitarbeiter*in nicht klappt?
Da der Arbeitsplatz auch der private Bereich anderer Menschen ist, in einer Wohnung oder einem Haus, müssen Sympathie und Vertrauen vorhanden sein. Und leider kommt es vor, dass diese Sympathie nicht immer gegeben ist. Wir haben manchmal Beschwerden von Kund*innen, die nicht zu Hause sind, wenn die Mitarbeiter*innen kommen, um ihre Arbeit zu erledigen, und sich beschweren, dass die Person nicht so viele Stunden gearbeitet hat, wie sie angegeben hat. Das Vertrauen ist dann nicht mehr so gut.
Wir versuchen, zwischen den Kund*innen und den Teilnehmer*innen zu vermitteln. Manchmal steht Aussage gegen Aussage, was auch für uns schwierig ist, weil wir nicht vor Ort sind. Wir versuchen, den Bedürfnissen der Kund*innen gerecht zu werden. Wenn es wirklich nicht passt, schlagen wir eine andere Person vor.
Wie wird sich diese Massnahme in Zukunft entwickeln?
Wir haben natürlich schon versucht, weitere Standorte aufzubauen. Das Problem ist, dass wir vom Leistungsvertrag des Kantons Bern abhängig sind, und der Kanton plant für 2027 eine Änderung der gesamten beruflichen sozialen Integration, die nicht nur das SAH, sondern auch andere Anbieter betrifft. Wir wissen noch nicht genau, wo der Kanton hin will. Unsere Leistungsvereinbarung wird vom Kanton von Jahr zu Jahr erneuert, aber das kann sich ändern und deshalb ist es schwierig, langfristige Entwicklungen zu planen.
Wir blicken jedoch zuversichtlich in die Zukunft, denn die Massnahme ist sehr nützlich, sie ermöglicht es der Sozialhilfe, die Kosten zu begrenzen, da die Bezieher*innen ein Einkommen aus ihrer beruflichen Tätigkeit erzielen, was auch für sie gut ist. Auch unsere Klient*innen sind mit uns zufrieden, denn wenn sie eine private Haushaltshilfe oder eine Reinigungsfirma beauftragen würden, wäre das viel teurer. Es wäre also für alle schade, wenn es dieses Angebot in Zukunft nicht mehr gäbe.
Weitere Informationen zu dieser Massnahme finden Sie hier.